Prof. Dr. med. Rudolf Bucek
überarbeitete Auflage, ISBN 830470282
Karl.F.Hauk Verlag
Aus der Sicht eines Vertreters der Schulmedizin mag ein Lehrbuch über eine Therapie, die nach Ansicht der „Wiener Schule“[1] nicht als wissenschaftliche Lehre lernbar, reproduzierbar und nicht logisch begründbar[2] ist, bereits ein revolutionärer Kraftakt sein.
Tatsächlich aber ist seit LANGE[3] für den Praktiker nicht wirklich Neues auf dem Markt. Vielleicht gibt es plausiblere Erklärungen in der einen oder anderen Sache, die Tatsache das sich der Körper im Ohr widerspiegelt und das man über das Ohr auf den Körper einwirken kann, ist seit NOGIER bekannt und hat sich immer wieder bestätigt.
Auch die französischen, chinesischen, russischen, Wiener und andere Schulen kommen, wie sollte es anders sein, zum gleichen Schluß, der Körper bildet sich immer gleich ab.
Dies und die jeweiligen Projektionen werden minutiös beschrieben und die jeweiligen Ursachen für solche Störungen umfangreich erklärt. Die Fleißarbeit des Autors bringt keine wirklich neuen Erkenntnisse. Aber immerhin, man findet hier gute und sachdienliche Erklärungen für alles, was die Ohrakupunktur betrifft, auch für Tatbestände, die längst empirisch festgestellt und erprobt sind und für die eigentlich keiner Erklärungen gesucht hat. Aber das ist ja nicht unbedingt schädlich.
Wir erfahren, dass nichts wirklich eineindeutig ist. Es gibt Überschneidungen, unterschiedliche Erklärungen für gleiche Zeichen. Dort, wo Hypophyse sich abbildet, behandeln andere Schilddrüse, Knie- und andere Organpunkte finden sich mehrmals im Ohr, die somatotopischen Abbildungen des Fötus werden im Ohr nach animalischen, nervalen und energetischen Gesichtspunkten diametral entgegengesetzt projiziert und, und, und.
Für diese Tatbestände ist am Ende alles wieder im Lot. Es bleibt, wie es ist: der Kopf bildet sich auf dem Lobulus ab, die oberen Extremitäten in der Scapha und so fort. Der „Wiener Schule“, so erfährt man dankbar, ist es gelungen, diese scheinbaren Wiedersprüche aufzuklären.
Bei all der Begeisterung an der eigenen wissenschaftlichen Logik hält sich der Autor auf der Praxisebene zurück. Wohl auch in weiser Voraussicht, denn möglicher Weise wäre bei allzu heftigem Pragmatismus ein Wiederspruch seiner Standeskollegen zu erwarten.
Sehr ausführlich wird zum Beispiel erklärt, dass mit Hilfe der differenzierten Bewertung von Punktreaktionen durch den RAC auf den drei Reaktionsebenen der Haut die tieferen Ursachen von Störungen (exogene Einwirkungen, Energiesituationen, Funktionsstörungen) ermittelt werden können. Aber wie man diese Erkenntnis, außer das man jetzt neben sonstigen - einen allgemeinen Krankheitszusammenhang sieht, therapeutisch, d.h. ohrakupunkturtechnisch umsetzt, wird nicht erklärt. Und was geschieht, wenn man den RAC nicht mit einem Drucktaster mit unterschiedlicher Druckintensität auslöst, sondern mittels eines 3 Volt Gold- und Silberhämmerchens, mit dem man das Ohr ja nicht einmal berührt? Wie erreicht man jetzt die differenzierten Hautebenen und damit verbundenen Erkenntnisse? Welchen praktischen Wert hat der RAC für die Therapie? Es gibt Heiler, die suchen und finden die Punkte im Ohr nicht um sie zu diskutieren, sondern um sie zu behandeln.
Doch endlich finde ich auf Seite 125 (fast hätte ich gesagt, das Eingeständnis) die Erkenntnis, dass Krankheiten sich im Ohr linear darstellen und das es sog. Segmente gibt, auf denen sich Punkte über die drei Keimblattebenen hinweg als ein Krankheitszusammenhang darstellen.
Aber just an dieser Stelle versiegt die Beredsamkeit des Autors. Für die praktische Anwendung der Ohrakupunktur finden sich nur noch eigenartig verschwommene Erklärungen. Eine schulmedizinische Diagnose sei vor der Therapie im Ohr unabdingbar, wird später zusammenfassend erklärt. Muß ich das so verstehen, das man nur wenn die Diagnose des Arztes vorliegt und nur auf der Grundlage dieser Erkenntnisse ins Ohr gehen darf? Das wäre absurd.
Wir finden hier ein Lehrbuch vor, dessen Autor eine Kapazität ist, der sein Wissen akribisch ausbreitet, ohne sich jedoch die Mühe zu machen, die praktische Anwendung dieser Therapie zu erklären. Dabei schafft er es, eine Therapie, die so einfach und wirksam ist, dass sie sich in wenigen Jahrzehnten auf breiter Ebene als anerkannte Heilmethode durchgesetzt hat, zu einer ausschließlich ärztlichen Kunst zu erklären.
ÜBRIGENS:
Das es eine (französische ?) Nichtärztin war, die nach einer Information aus China damals mittels Kaustik (syn. für Kauterisation, d.h. Gewebezerstörung durch Brenn- oder Ätzmittel) bei Ischias eine bestimmte Stelle im Ohr reizte und damit die Geschichte der Ohrakupunktur lostrat, war mir tatsächlich neu.
[1] Siehe Seite 21 des Buches!
[2] BUCEK führt dazu aus, die Aurikulotherapie könne sich nicht zu einer Aurikulomedizin entwickeln und sich als Lehrinhalt der „Wiener Schule“ darstellen, weil der objektive Nachweis der Wirkungsweise des RAC durch NOGIER nicht erbracht werden konnte.
[3] Lange, G.: Akupunktur der Ohrmuschel, Diagnostik und Therapie, Karl F. Haug Verlag
Fragen zum Inhalt richten Sie bitte an:info@ak-ohrakupunktur.de
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